RivieraPool-Geschichte 1986: "Der Flug des Polyester-Pools"

Die Hühner lassen Sie mal gleich im Stall, die kriegen den Flattermann", sagte der Pilot, als er das Zielgebiet inspizierte, "...und die Pferde sowieso." Für den Malteser-Hilfsdienst gewohnt, schweres Gerät für die Sekundärunfallhilfe zu fliegen (zum Beispiel etwa eine dringend benötigte Herz-Lungen-Maschine), handelte es sich hier um einen Notfall harmloser Art:

Die Besitzer der Rheinmühle in Großkarlbach wollten sich ein neues Polyesterbecken zulegen, und zwar in einem Stück. Für das Dörfchen in der Pfalz wurde daraus ein Ereignis, das erstens nicht alle Tage vorkommt und zweitens Gesprächsstoff für viele Wochen lieferte. Denn die Rheinmühle ist ein stattliches Anwesen von vier Morgen (heute 1,62 Hektar), das durch meterhohe Stützmauern in drei Ebenen gegliedert ist. In dem einstigen "unteren Lustgarten" wandeln jetzt grasend die Pferde, und der "obere Lustgarten" soll bebaut werden. Von dem Namen "Rheinmühle" sollte man sich nicht irreführen lassen, der Rhein fließt ein Stück abseits. Früher war es die Mühle am (Weg-) Rain und bezog ihre Energie aus dem Bach an der Mühle - eben dem "Mühlbach". Durch Übermittlungsfehler im Laufe der Jahrhunderte ist die Rainmühle zu ihrem heutigen Status gekommen, der Mühlbach ist geblieben.

Das gesamte Gelände ist durch eine stabile, ebenfalls meterhohe Mauer aus dem Spätmittelalter gegen die Zufahrt größerer Gegenstände abgeriegelt. Die einzige mögliche Einfahrt für einen Tieflader ist vor einigen Jahren dem Reitplatz geopfert worden. Und dennoch befand sich bereits zwischen den Mühlengebäuden und dem unteren Lustgarten ein Schwimmbad. Dies war vor rund 15 Jahren aus 1,20 Meter breiten Polyester Segmenten zusammengesetzt worden. Allerdings haben sich mit der Zeit die Dichtungen aus den Fugen gelöst, so dass man "andauernd den Schlauch reinhalten musste, weil der Wasserspiegel immer wieder absank".

Allmählich des vielen Nachfüllens überdrüssig, beschloss man eine Sanierung. Mit der in solchen Fällen möglichen Folienauskleidung konnten sich die Besitzer nicht anfreunden, und ein zweites Betonbecken im Becken schied auch aus: Zuviel Flurschaden. Als man dann glaubte, für sich die sauberste Lösung gefunden zu haben, gingen die Probleme erst richtig los: Wieder ein Polyesterbecken, aber in einem Stück, sollte dort hinein. Doch wie? Die Idee kam wie aus heiterem Himmel: In der Schweiz, so bemerkte der Schwimmbad-Fachmann beiläufig, würden solche Becken häufig mit Hubschraubern eingeflogen.
Bei den vielen Bergen... das gefiel den Mühlenbesitzern.

Man hängte sich ans Telefon, doch weder die Feuerwehr noch die Bundeswehr, die mit ihren Tornados im Tiefflug über die Pfälzer Kartoffeläcker donnern, sahen sich dazu in der Lage. Schließlich stieß man auf eine Agentur für Lufttransporte. Diese hat einige Hubschrauber stationiert, die vorwiegend von eiligen Reisenden geordert werden. "Ein Schwimmbecken? Kein Problem", hieß es. Allerdings doch: Die Agentur-Flieger schaffen maximal 750 kg in die Lüfte, ein ausgewachsenes Polyesterbecken aber drückt inklusive Pilot fast eine Tonne auf die Waage. Nach einigem Hinundhergerede charterte der Flugagent dann einen Helikopter eine Nummer größer. Dieser musste allerdings aus Köln anfliegen. Das Vorhaben wurde gründlich vorbereitet: Insgesamt dreimal inspizierten Pilot und zwei Navigatoren Start- und Landeplatz sowie die Flugroute, denn man durfte mit dem Pool nicht direkt über Wohngebiet fliegen. An einem trüben Aprilmorgen war dann alles startklar: Der Tieflader mit dem Schwimmbecken war am Abend vorher angerollt, nicht ohne versehentlich in den engen Gässchen von Großkarlbach fast steckenzubleiben. Auf einem Gelände leicht außerhalb wurde der Pool abgeladen.

Vor dem Start wurden nochmals unterschiedliche Meinungen zwischen den verschiedenen Beteiligten ausgiebig ausgetauscht. Der Pilot setzte sich schließlich durch. Er wollte das Becken mit vier Stahl-Seilen an den Ecken passgenau in die Baugrube setzen, aus der in mühsamer Kleinarbeit die alten Polyester-Segmente herausgefräst worden waren. Doch der Pilot hatte sich verschätzt. Obwohl sein Helikopter mehr Power machen konnte, als für die 900 kg glasfaserverstärktes Polyester notwendig waren, bekam er das Becken erst gar nicht in die Luft: Die große Wanne wirkte wie ein großer Bremsschirm. So schnell wollte der Mann im Cockpit seine Meinung nicht ändern und probierte es immer wieder und wieder. Inzwischen war schon das halbe Dorf von dem Geknatter alarmiert. Es half nichts: Das Becken konnte nur an zwei Eckpunkten hängend geflogen werden, was am Abend vorher auch besprochen worden war. Doch der Pilot hatte nur noch Sprit für acht Minuten im Tank, und das war ihm zu wenig. Er wollte erst mal nach Worms zum Tanken. Also Pause.

Was danach geschah, spielte sich in Windeseile ab: Der Helikopter hob ab, das Becken auch, und auf ging's im großen Bogen über die Felder. Und das ganze Dorf starrte mit großen Augen in den Himmel, dabei spekulierend, was das wohl denn zu bedeuten habe. Selbst ein Bauer mit seinem Traktor machte auf dem Acker kehrt, um sich das Spektakel nicht entgehen zu lassen, so jedenfalls wird berichtet. Fahrplanmäßig schwebte der Brummer mit leicht schlingerndem Becken zwischen den Bäumen über der Rheinmühle ein und setzte den Pool mit einer Kante auf eine vorbereitete Bretterschräge. So ein Hubschrauber dicht über dem Boden macht ganz schönen Wirbel, so dass die Erdklumpen nur so flogen. Die acht Helfer mussten fest zupacken, bis das Becken durch Ziehen und Zerren so in der Grube saß, dass es ausgeklinkt werden konnte. Für den Piloten ein schwieriges Manöver, da er gewissermaßen in leichter Rückenlage kaum etwas sehen konnte und nach den Funksprüchen des Navigators steuern musste.

Nachdem er den Ballast los war, drehte er kurz ab und landete zur allgemeinen Überraschung oberhalb der Stützmauer auf einem Fleckchen Wiese, das als Sitzplatz von der Pferdekoppel abgetrennt ist. Er musste doch sehen, wie die Sache stand. Es schien so, dass er mit sich und seiner Arbeit zufrieden war. Als sich der aufregende Wirbel mit dem Hubschrauber gelegt hatte, das neue Becken installiert worden war und Wasser darin plätscherte, waren's die Besitzer dann auch. Und wenn irgendwann in den Annalen die Rede von der "Hubschrauber-Mühle" sein wird, werden nur wenige wissen, wie die Rheinmühle zu diesem Namen kam. . .

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Hersteller des Polyesterbeckens:
Riviera-Pool Fertigschwimmbad GmbH,
Industriestr. 2, 4478 Geeste 1-Dalum
Installation und Montage:
Esslinger Schwimmbecken- und Kunststofftechnik GmbH,
Postfach 149,
7300 Esslingen

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